Dritter Kajak

Sei es, dass ich schwer zufriedenzustellen bin, sei es notorische Bauwut, schon bald gefiel mir das eine oder andere Detail nicht mehr. Gerüstteile erschienen mir zu plump und zu schwer, die Deckslinie hätte eine Kleinigkeit mehr Sprung aufweisen können. Neue Pläne wurden gezeichnet und verworfen, andere Detaillösungen ersonnen und es wurde wieder viel gegrübelt. Dann erhielt ich Lorenz Mayrs unschätzbar wertvolles Buch und auf einen Schlag fanden viele Probleme eine schnelle Klärung. An dieser Stelle möchte ich Lorenz noch einmal meinen Dank und meine Bewunderung für diese komplette und mit Freude zu lesende Bauanleitung aussprechen. Weil man ja aber seinen eigenen Dickkopf hat, wollte ich von einigen meiner bisherigen Lösungen nicht abrücken. Beibehalten wollte ich vor allem die Teilung der Steven, die Aussteifung des Bootskörpers mit Bordwänden statt Diagonalstreben und Unterzügen sowie einen Holzsüll.

Voll Tatendrang wurden Eschenbohlen aufgesägt, Aluminiumprofile zu Beschlägen verarbeitet, und schon bald nahm das neue Gerüst Form an. Ich richtete mich dabei weitgehend nach dem Lesebuch, beschreibe im Folgenden also hauptsächlich abgewandelte oder darin nicht enthaltene Lösungen. Die verwendeten Materialstärken waren durch die erhältlichen Alu-Profile bedingt und wurden immer eher gering gehalten, um das Gewicht nicht zu stark anwachsen zu lassen. Der Kiel hat einen Querschnitt von 24 x 24 mm, die Bordwandleisten 12 x 15 mm und die Deckstäbe und Senten 15 x 15 mm. Die Spanten und die Steven wurden aus 12 mm Birkenmultiplex (9-schichtig wasserfest verleimt nach AW 100) mit einer Stichsäge geschnitten. Das Dach der Hauptspanten je vor und hinter der Luke ist gedoppelt, was wohl nicht unbedingt nötig ist, aber vorn einen sehr angenehmen Kniehalt bewirkt. Das Boot erhielt 8 Spanten, um den dünnen Bordwänden genug Formstabilität zu verleihen.

Beim nächsten Mal würde ich den Querschnitt der Leisten etwas erhöhen, um einen Verzug der Bordwände zu verhindern: wird die Haut nass, übt sie große Kräfte aus, die leicht zu unschönen Knicken der Bordleiste an den Spanten führen können. Der Anschlag der Spanten erfolgt teils mit Klepperbeschlägen und teils mit beiderseits des Kiels unter einen darauf geschraubten Querriegel greifenden Winkelprofilen. Der Spant wird schräg angesetzt, geradegestellt und durch einen in Spanttiefe hinter dem Riegel befestigten Klotz auf dem Kiel fixiert. Eine Stift-Buchsen-Halterung an den Bordwänden hält den Spant unverrückbar in seiner Lage fest. Letztere Befestigungsart ließ sich aufgrund der beengten Platzverhältnisse nicht bei dem ersten und letzten Spant ausführen, weshalb dort Klepperteile Verwendung fanden. Die Senten liegen in Aussparungen der Spanten und sind mit Laschen aus Hautmaterial an den Spanten befestigt, da beim Aufbau manchmal Probleme durch die aus den Aufnahmen herausrutschenden Senten auftraten. Sie laufen nicht bis zu den Steven durch, sondern enden an den jeweils letzten Spanten. Dort greifen sie mit Haken in Löcher an einem Winkel.

Der Süll besteht aus zwei formverleimten Holzteilen, in deren innen verlaufende Nut das mit einer starken Einfassung versehene Deck gesteckt wird, analog zu Kleppers Wildwasserbooten. Er hat keine weitere Befestigung am Gerüst, da er nur zum Halten der Spritzdecke dient. Trotzdem kann man das Boot am Süll anheben. Den Halt des Fahrers übernimmt im wesentlichen der Hauptspant. Da das allein aber nicht so ganz ausreicht, sind noch Beckenstützen im Boot angebracht. Diese werden mit gelochten Winkelbeschlägen über nach vorn ragende Stifte im Hauptspant nach hinten geschoben. Am Spant hinter dem Sitz dienen Schraubenköpfe als Halt für Winkel mit nach außen zeigenden Schlitzen. Sind die beiden Beckenstützen nach außen hinter die Schraubenköpfe geschoben und so fixiert, muss noch eine Sicherung das Zurückgleiten verhindern. Dies geschieht bei mir durch eine verkleinerte Klepperrückenlehne, hauptsächlich wegen der sehr haltbaren und leicht zu lösenden Befestigung, die das Gepäckladen stark vereinfacht. Der Sitz selbst ist ein uralter Sperrholzformsitz aus einem Ruderskiff. Leider zeigte sich, dass mir schon nach kurzer Zeit die Beine einschliefen, obwohl die Fußballen auf einem Spant ruhen. Abhilfe brachte eine zusätzliche Fersenstütze. Diese ist auf dem Kiel mit Schraube und Flügelmutter befestigt und besteht aus einem auf einer Alu-Schiene sitzenden Brettchen. Selbiges ist schräg angebracht und verrundet. Zwecks Anpassung an verschiedene Beinlängen (oder Sitzpositionen) ist die Schiene mit Löchern versehen.

Durch das schwach salzige Wasser der Ostsee, auf der ich meistens fahre, haben sich erste Korrosionsprobleme an den Alu-Beschlägen ergeben. Dies ist auch der Fall bei mit Alunieten befestigten Beschlägen, die sonst nur Kontakt zu Holzteilen haben. Der Stahlhändler bezeichnete das Alu als AlSi0,5, welches seewasserfest sei. Leider ist es das nicht. Trotz größeren Gewichts ist Messing wohl die bessere Wahl, aber die gewünschten Profile sind sehr schwer zu bekommen und obendrein sündhaft teuer. Die dann benötigten Kupfervollnieten sind ebenfalls seltener erhältlich als welche aus Aluminium. Die Haut ist wieder aus mehreren Bahnen genäht. Für das Unterwasserschiff sind es drei Bahnen hypalon-beschichtetes Polyestergewebe, die dem Sentenverlauf folgend auf Stoß zickzack vernäht sind. Außen ein Kielstreifen und innen ein Gewebeklebeband machen die Naht wasserdicht und schützen vor Abrieb. An den Steven ist die Haut aufeinandergelegt und von links zusammengenäht. Der so entstandene Überstand liegt in einer Nut des Steventotholzes und wird durch die außen aufgeschraubte Messingschiene darin gehalten. Dieses Prinzip hat einen großen Vorteil: die starken Zugkräfte, die beim Spannen des Hebelkiels entstehen, werden über das Totholz auf die Länge der Stevennaht verteilt und müssen nicht nur in der Stevenspitze aufgefangen werden. Das Deck besteht aus ca. 450 g/m² starkem, sehr dicht gewebtem Baumwoll-Polyester-Mischgewebe. Wenn man den hohen Preis bei Klepper oder Sport-Zimmermann für Originalware aus Baumwolle vermeiden möchte, kann man z. B. bei Zeltherstellern wesentlich günstiger vergleichbares bekommen, muss aber auf das klassische Blau verzichten.

Nach reiflicher Überlegung habe ich ein fast weißes Material genommen. Gegen das befürchtete Einschmuddeln hilft ein nasser Schwamm. Vor allem ist es hell im Boot! Vorbei die Zeit, wo ich mit Taschenlampe in den Spitzen nach Kleinkram suchte. Das Deck ist an Bug und Heck sowie vor der Luke mit dünnem Hautmaterial verstärkt, in erster Linie aus ästhetischen Gründen. Das Deck ist wiederum von links mit dem Unterwasserschiff vernäht. Ein dazwischen gelegtes, vorher auf das Deck geheftetes Baumwollnahtband bringt ein bisschen Farbe in die ansonsten recht triste Angelegenheit. Ebenfalls vorher auf das Deck geheftet und zwischen Deck und Unterwasserschiff liegend sind mehrere D-Ringe an Schlaufen befestigt. Diese einfach auf das Deck zu nähen, wollte mir wegen der vermeintlich zu geringen Festigkeit des Deckstoffes und des möglichen Zerreißens des Decks in unpassenden Momenten nicht gefallen.

Das Boot läuft leicht und ohne großen Kraftaufwand sehr zügig. Die Spantform sorgt dafür, dass das Boot kaum Neigung zum Surfen zeigt (kann ich absolut nicht leiden. Zum Surfen habe ich ein altes Slalompolyesterboot). Die Anfangsstabilität ist mäßig, die Endstabilität sehr viel besser. Kanten läßt es sich, bis Wasser in die Luke läuft (ohne zu stützen). Rollen ist sehr einfach, dank der engen Luke und der Einbauten sitze ich stets fest im Boot und brauche kein Herausfallen zu fürchten. Die Windanfälligkeit ist gering, durch die Flosse läuft das Boot bei leichten und mittleren Windstärken neutral (worüber ich ausgesprochen glücklich bin. Da hat sich der erste Eski als Testboot bewährt). Ohne Steuer wäre es sonst auch kein Vergnügen. Kein Platschen, sieht man einmal von dem Klatschen der über dem abtauchenden Heck oder Bug zusammenschlagenden Wellen ab. Hier zeigen sich dann auch die Nachteile der Konstruktion: durch die vor allem beladen recht geringe Freibordhöhe (1 – 4 cm) fährt das Boot extrem nass. Ohne Spritzdecke geht schon auf kleinen Seen nichts. Auch Starts und Landungen in nur leichter Brandung sind eine recht nasse Sache. Hier hilft der ebenfalls selbst gefertigte Kentersocken. Und Gepäck geht auch nicht viel rein, für eine Wochenendtour langt es aber. Vor allem die geringe Staukapazität hat mich aber doch dazu gebracht, mit dem Planen eines Nachfolgemodells zu beginnen.