Um 5 Uhr 30 am nächsten Tag sind wir bereits auf den Beinen. Nach einem ausgiebigen Frühstück packen wir ein und sitzen bereits um acht wieder in den Booten.

Jetzt säumt oft Schilf das Ufer, der Fluss verzweigt sich immer wieder und die Flussarme weiten sich zu unerwartet großen Wasserflächen. Wer nicht aufpasst steckt unversehens mit seinem Faltboot auf einer Sandbank fest. Wir haben mehrfach die Gelegenheit auszusteigen und unsere Pötte schieben zu dürfen. Wider erwarten erreicht der Ili aber auch an solchen Stellen eine konstante Fließgeschwindigkeit, sodass wir unseren Zielpunkt am Sonntag in Bakanas pünktlich erreichen dürften.

Die Sonne brennt an diesem herrlichen Samstag unerbittlich auf uns nieder. Am späten Vormittag sind unsere Wasservorräte verbraucht. Wir sprechen einen Angler an, der uns hilfsbereit unsere Wasserflaschen an seinem Brunnen auffüllen lässt. Um unser Glück vollkommen zu machen verkauft er uns auch noch einen gut 2,5 kg schweren Wels für 5 Zigaretten. Unser Abendessen ist somit gesichert.

Nach der kurzen Pause geht es weiter flussabwärts. Wie am Tag zuvor kommt nachmittags starker Wind auf, der sich auf den weiten Wasserflächen unangenehm bemerkbar macht. Durch Zufall finden wir hinter einer kleinen Landzunge einen Kanal, von dessen Ende wir nach 10 minütigem Fußmarsch einen kleinen Lebensmittelladen erreichen. Er befindet sich am Flugplatz von Bakbati. Wir wussten bisher gar nicht, dass hier ein Flugplatz ist. Für 7000 Tenge pro Zimmer könne man hier sogar im unweit gelegenen Hotel übernachten, so ein Angler, der sich sogar auf deutsch mit uns unterhält. Er sei Almatiner und habe in den 1990ern sechs Jahre in Halle/Saale gearbeitet.

Wir entscheiden uns, trotz widriger Wetterverhältnisse noch einige Kilometer vorwärts zu kommen. Wegen des Windes halten wir uns immer wieder in kleineren, von hohem Schilf bestandenen Flussarmen auf. So ähnlich sei es auch im Ili-Delta, meint David. 

Nach längerer Suche finden wir eine passable Übernachtungsstelle. Der stürmische Wind hält uns die Fliegen vom Leib und wir genießen den Wels, der gut gegrillt auf den Teller kommt.

Obwohl wir am nächsten Morgen erneut vor 6 Uhr wach sind lassen wir uns heute etwas länger Zeit. Wir beobachten einen Eisvogel, wie wir meinen, der am sandigen Steilufer des Flusses offensichtlich eine Heimstatt gefunden hat. Aber auch hier reichen unsere ornithologischen Kenntnisse wieder nicht aus. Dieser Vogel hat zwar das farbige Gefieder eines Eisvogels, aber er ist doppelt so groß wie die Eisvögel, die wir bisher gesehen haben. Naja.

Um neun Uhr sind wir wieder auf dem Wasser. Vorbei ist es mit dem Schilf gesäumten Ufer. Scheinbar drängt nun die Wüste ans Wasser. Sanddünen begleiten uns vor allem auf der rechten Flussseite und zeigen an, dass sich die Landschaft wieder geändert hat, wie auch ein Blick auf die Karte bestätigt.

Vor Bakanas wird es dann wieder fruchtbarer. Bewässerungskanäle stechen hin- und wieder vom Fluss ab. Wir sehen am Horizont die ersten Vorboten unseres Zielpunktes Bakanas. Frühzeitig können wir auch den Friedhof ausmachen, der uns als Orientierungspunkt dient. Er ist bespickt mit zahlreichen Medresen, die sich irreal aus der Landschaft abheben.

Wir sehen auch schon unseren Fahrer, der uns nach Almaty zurückbringen wird. Wir setzen am geplanten Treffpunkt aus und freuen uns über ein vollkommen geglücktes Wochenende auf einem Fluss, der uns durch seine Vielfalt nachhaltig begeistert und der uns sicher wiedersehen wird. 

 

Fazit: 

Der Ili ist auf dem beschriebenen Abschnitt ein abwechslungsreicher, auch mit Faltbooten leicht zu befahrener Fluss. Die im „Steppen“- bzw. „Wüstenabschnitt“ häufiger auftauchenden Sandbänke stellen keine Gefahr da. Wählt man den falschen Kurs heißt es schon mal aussteigen und treideln. 

Nach uns sind mittlerweile auch  zwei erfahrene deutsche Paddler die Strecke gefahren. Ihrer Meinung nach solle man durchaus vier Tage für die Tour einplanen, um die Fahrt eingehend genießen zu können. 

Für weitere Infos und ggfs. organisatorische Hilfe zur Durchführung der Tour für „Nachpaddler“, stehe ich gern zur Verfügung.

 

Herrmann Kruse, geboren 1962, entdeckte mit zarten 45 Jahren das Paddeln für sich. Er lebt seit 2010 in Kasachstan. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.